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Deutschland im Fitnesswahn für den perfekten Körper

Die Perfektionierung des Körpers ist für viele Deutsche wichtig: 7,6 Millionen Deutsche zieht es regelmäßig in Fitnessstudios. Immer weniger davon sind Karteileichen Die Perfektionierung des Körpers ist für viele Deutsche wichtig: 7,6 Millionen Deutsche zieht es regelmäßig in Fitnessstudios. Immer weniger davon sind Karteileichen
Die Perfektionierung des Körpers ist für viele Deutsche wichtig: 7,6 Millionen Deutsche zieht es regelmäßig in Fitnessstudios. Immer weniger davon sind Karteileichen
Quelle: Reto Klar
Renaissance der Leibesübungen: Krafttraining ist inzwischen beliebter als Fußball. Die Deutschen schwitzen, sind im Fitnesswahn. Politiker und Kassen warnen vor dem falschen Ideal.

Alle wollen ihn gern haben: den perfekten Körper. Und das heißt heute vor allem durchtrainiert und muskelbepackt. Frauen und Männer, vom Jugendlichen bis zum Rentner – mehr als 7,6 Millionen Deutsche zieht es regelmäßig an Cardiotrainer, Hanteln und Beinpressen. So viele sind laut einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte bereits Mitglied eines Fitnessstudios. Und es werden immer mehr.

Ein steigendes Bewusstsein für Gesundheit und Fitness, aber auch die multimediale Allgegenwart idealer Körper sorgen für Eifer an den Geräten. Experten sprechen bereits von einem Bewusstseinswandel: "Wir erleben eine Renaissance der Leibesübungen", sagt etwa Niels Gronau, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Edelhelfer, das regelmäßig die Branche analysiert.

Bestätigt wird diese Einschätzung auch vom Sportartikelriesen Adidas, der zu den Hauptausrüstern der Freizeitsportler gehört. "Wir spüren, dass Fitness der große Trend ist, und zwar für alle Generationen", heißt es aus der Zentrale. Ein Trend, der prinzipiell von Ärzten und Gesundheitsexperten begrüßt wird – Bewegung und Muskeltraining können nicht nur Krankheiten vorbeugen, es macht auch glücklicher, wie zahlreiche Studien zeigen.

Allerdings vor allem dann, wenn man es nicht übertreibt. Ein gewisses Suchtpotenzial hat Fitnesstraining durchaus, das geben viele, die es regelmäßig praktizieren, sofort zu. Und nicht nur in der Wissenschaft setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass eine entspannte Haltung zu eigenen Fitnesszielen mehr bringt als exzessives Gewichtheben oder Marathontraining bis zur Totalerschöpfung. Das kann sogar gefährlich sein.

Warnung vor zu viel Sport

So warnen auch Gesundheitspolitiker und Krankenkassen durchaus davor, zu viel Sport zu treiben. Bei aller Begeisterung sollte man es nicht übertreiben, sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr der "Welt am Sonntag". "Denn Sport ohne Maß schadet der Gesundheit."

Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, warnt vor falschen Fitness-Vorbildern: "Mich besorgt es schon, wenn ein Kraftfutter-Shop nach dem anderen öffnet. Das ist Ausdruck eines falsch verstandenen Ideals." Regelmäßig Sport sei gut und wichtig, "aber wie alles im Leben auf Dauer nur in Maßen sinnvoll", so Spahn. Und Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, mahnt: "Nicht jeder muss als Marathon-Finisher durchs Brandenburger Tor laufen oder täglich ins Fitnessstudio. Denn wer allzu ambitioniert ans Werk geht, kann sich auch schaden."

Vorerst ist allerdings kein Ende des Fitness-Rausches in Sicht. Kraftsport und Bodybuilding haben als beliebteste Sportart in Deutschland sogar schon den Fußball abgelöst – der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kommt nur noch auf 6,8 Millionen Mitglieder. Der Berater Gronau etwa hält Mitgliederzahlen von mehr als zehn Millionen bis zum Jahr 2017 für realistisch.

Immer mehr bleiben dabei

Und noch etwas hat sich geändert: Wer sich bei einem Studio anmeldet, bleibt immer häufiger dabei und kommt auch zum Trainieren. Betrug die Fluktuationsrate in Deutschlands Fitnessstudios vor einigen Jahren noch stattliche 50 Prozent, sind es heute 35 Prozent, heißt es in der Branche. Das sich die Kundenbindung verbesser hat, soll einerseits an dem größeren Angebot der Studios liegen, die mit Kursen, Wellness und Individualbetreuung oft mehr bieten als nur Hanteln und Laufbänder. Aber eben auch an der neuen Leidenschaft fürs Workout.

Das lässt sich auch an der Zahl der Fitnessstudios ablesen, die sich in Deutschland stetig erhöht. Anfang 2012 waren es knapp 6200 mit mehr als 200 Quadratmeter Fläche. Das sind immerhin 600 mehr als noch im Jahr 2005. Nimmt man die kleinen Anlagen noch hinzu, summiert sich die Zahl sogar auf 7300.

Besonders stark ist dabei die Entwicklung von Ketten wie McFit, Injoy, Kieser oder Fitness First, die überall neue Filialen öffnen. Schon mehr als jeder dritte Fitnessfan trainiert heute dort; den stärksten Zulauf erleben dabei die Discountanbieter, die oftmals nur halb so teuer sind wie ein klassisches Fitnessstudio.

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